16.-18.11.2012

Mondfänger erwischen die Sonne im Beaujolais

Vom Marathon bis zur 12-Kilometer-Strecke: Lauftreffler vom TSV Kuppingen genießen einen außergewöhnliches Lauf im Herzen Frankreichs

42 Läufer und Walker aller Alters- und Leistungsklassen trugen am vergangenen Wochenende das Trikot vom TSV Kuppingen über die Strecken des Beaujolais- Marathons: Unterstützt von einer handvoll Fans aus dem Gäu waren die Sportler auf Distanzen von 12,8, einem Halbmarathon sowie der klassischen Marathon- Distanz über 42,195 Kilometer unterwegs. Ein Event, bei dem allerdings weniger persönliche Bestzeiten als der Spaß an der tollen Stimmung sowie der Genuss der hügeligen Weinbaulandschaft und der Köstlichkeiten an den Verpflegungsstationen im Vordergrund standen.

Aufgebrochen war die Gruppe am frühen Freitagmorgen. Nach einem Zwischenstopp in Beaune und dem Bezug des Hotels in Villefranche-sur-Saone, wo tags drauf auch der Zieleinlauf sein würde, standen am ersten Abend das Abholen der Startunterlagen und die anschließende Pasta-Party in der Messehalle auf dem Programm. Spätestens dort wurde dem letzten Teilnehmer klar, dass dies kein gewöhnlicher Lauf ist: Weinverköstigungen, Käsespezialitäten und Fotosessions im hippen 70er-Outfit schon bei der Startnummernausgabe und schließlich eine Pasta-Party in de Messehalle, bei der es mindestens soviel Party wie Pasta gab – inklusiver ausgelassener Gäste aus ganz Europa, die noch am Vorabend eines solchen Langstreckenlaufs fröhlich tanzend durch den Zweckbau lärmten.

Bespaßung, Stimmung und Ausgelassenheit ließen dann auch am Samstag nicht nach: Von swingenden Blechbläsern eskortiert ging es in die Shuttle-Busse, mit denen die insgesamt 8200 Teilnehmer zu den Startplätzen für die drei Distanzen gebracht wurden – so auch zum Stadion von Arnas, wo die Party vom Vorabend ungebremst weiterging. Allerdings profitierte die tolle Stimmung auch vom noch tolleren Wetter: Die Sonne, die am Morgen durch den Nebel brach, wärmte so stark, dass eine Lage kurzer Laufklamotten ausreichte, um die auf den Startschuss wartenden „Coureurs“, wie die Läufer auf französisch heißen, zu wärmen.

So kamen auch die Kuppinger Trikots strahlend zur Geltung: “Chasseur de la Lune” war auf den eigens für diese Reise gefertigten Shirts zu lesen – mit der erklärenden Unterzeile “Mondfänger”, dem Ortsnecknamen der Kuppinger. Trikots, mit denen man bei hiesigen Läufen – zumal in so großer Gruppenstärke – schnell aufgefallen wäre. Nicht so im Beaujolais. Denn dort gehören skurrile Outfits bis hin zu kompletten Verkleidungen inklusive Makeup und mitgeschleppten Requisiten zum weit verbreiteten Standard.

Den meisten Spaß innerhalb des Läuferfeldes gab es gewiss auf der kürzesten der drei Distanzen: Hier war die Dichte der kostümierten Läufer mit Abstand am Größten. In doppeltem Sinne: Denn auf dieser Distanz tummelte sich einerseits die größte Spaß-Fraktion, zum anderen gab es gemessen an den Kilometern auch die meisten Verpflegungsstellen, an denen natürlich auch der obligatorische Beaujolais Nouveau, der erste Wein des Jahres 2012 ausgeschenkt wurde.

Auf den 12,8 Kilometern waren neben einigen Läufern auch die Lauftreff-Walker aus dem Gäu unterwegs. Und bewiesen – allen voran Petra und Thomas Mikolaizak – durch ihre Ziel-Zeiten, dass sportlich ambitionierte Walker ohne weiteres in einem Läufer-Feld bestehen können. Unterm Strich ging es aber auch hier vor allem um den Spaß am Ereignis an sich.

Schräge Vögel waren allerdings genauso auf den anderen Strecken allgegenwärtig: So wurde die Gruppe um Liesel Kohler, Ute Lohrer, Gisela Funk, Monika Morgenroth-Mohr, Clivia Schuker und Uwe Ritter immer wieder von einer Horde Steinzeitmenschen überholt, die aber bald darauf an der nächsten Verpflegungsstation kurz Party gemacht und ein, zwei Weine gekippt haben, um dann wieder mit erhöhter Drehzahl all die Läufer erneut zu überholen, die derweil weitergelaufen waren. Eine lustige Truppe, die ihren Spaß auf sportlich durchaus beachtlichem Niveau hatte: Denn sowohl die Steinzeitläufer als auch die genannten Kuppinger sind alle mit einem Schnitt von sechs Minuten auf den Kilometer ins Zielgruppe gekommen, also knapp über zwei Stunden für die 21 Kilometer. Zeiten, die man sich mit solchen Persönlichkeiten wie Obelix, zwei rasenden Kellnern inklusive Tablett, einer Gruppe Nikoläuse, zwei jungen Frauen im Tüllröckechen oder einem römischen Heerführer geteilt hat.

Dass es aber durchaus auch deutlich schneller geht, haben andere Lauftreffler sowohl auf der halben als auch auf der ganzen Distanz bewiesen: Thomas Schuker finishte nur knapp mehr als 90 Minuten nach dem Start über 21 Kilometer, Bernhard Weihermüller, der als Gastläufer vom Entringer LTE mitgereist war, beendete den ganzen Marathon nach 3:44 Stunden. Beides Zeiten, die, wie alle anderen auch, für die dortigen Verhältnisse topp sind. Denn auf den engen Wegen in den Weinbergen ist Überholen kaum möglich, das hügelige Streckenprofil ist – bei allem Spaß – anspruchsvoll. Vor allem aber ist es eine Beaujolais-Marathon-Besonderheit, die persönliche Bestzeiten verhindert: Die „Coureurs“ werden nicht nur durch die Weinberge sondern auch durch die Schlösser der Weingüter geführt – einschließlich der Weinkeller und Parkanlagen.

Und selbst auf dem letzten Kilometer geht es dann noch mit müden Beinen erst treppauf, treppab durchs Stadtschloss von Villefranche und dann einmal quer durch die – selbst für erschöpfte Läufer bemerkenswert eindrücklich nach Fisch riechende – Markthalle auf die letzen Meter bis zum Zieleinlauf vorm Rathaus. Wo es den letzten Wein des Wettkampfs gab, diesmal jedoch in Flaschen abgefüllt als Prämie.

Was für die Gruppe aus dem Gäu dann noch folgte war als verdiente Selbst-Belohnung ein schickes Abendessen mit französischer Küche sowie am nächsten Morgen eine neuerliche Runde durch die nun von Händlern und Kunden belebte und nicht mehr ganz vom Fischgeruch dominierte Markthalle. Als letztes dann noch eine kurze Weinprobe mit einer Vergleichs-Verköstigung unterschiedlicher Jahrgänge im Chateau de Vaurenard und schließlich die Heimfahrt. Auf der ein Teil der Reisegesellschaft gleich das frischgelernte französische Stimmungs-Liedgut zur Anwendung brachte.

Halbmarathon

Feuerwerk

(Holger Wilms)